... obwohl sie einem nichts getan haben
Hei Mami,wir waren heute mal wieder bei Dir schauen, wie es bei Dir aussieht. Wir haben aber noch immer manchmal fast Nachtfrost. Auch wenn es schon Eisbegonien und Geranien gibt, ich warte noch ein paar Tage.
Dass die Stiefmütterchen bei Dir dieses Jahr so gar nichts geworden sind, liegt nämlich daran, dass ich die viel zu früh gepflanzt habe und dann die Kaninchen dabei gegangen sind.
Nach dem 10. Mai denke ich, ist es gut und die Gefahr, dass die Blumen bei Dir gleich wieder verfrieren, dann nicht mehr da. Dann kommen wir wieder und pflanzen die Sommerblumen auf Dein Grab.
Gestern habe ich ungefähr 4 oder 5 Stunden mit Esther geredet, Mami.
Ich brauchte dringend ihre Hilfe wegen einem Problem mit Chiwa und Prima, wo ich selbst unsicher war, was ich tun soll und der Jürgen auch.
Es ging darum, dass sich die beiden so sehr verändert haben, seit wir die junge Familie als Reitbeteiligung bei uns haben und auch vieles, das uns dann aufgefallen ist, als wir angefangen haben, mal genauer hinzusehen.
Wir dachte, Esther könnte uns noch irgendeinen Rat geben, der allen hilft.
Sie hat aber gesagt, wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass Prima und Chiwa beide keine Therapiepferde sind. Sie hat sie bei sich ja auch nie als Therapiepferde eingesetzt.
Sie sagte, selbst bei ihren Therapiepferden sind immer wieder Kinder und oft auch deren Mütter dabei gewesen, die sie hat, obwohl das Kunden waren, wegschicken, manche sogar rigoros mit roher Gewalt wegjagen müssen, weil die sogar diese ruhigen Pferde vollkommen kaputt gemacht haben.
Es hilft niemand, hat meine Tochter gesagt, wenn man keinem weh tun will, wenn Menschen für so empfindsame und bei Prima auch durchaus gefährliche Pferde kein Feingefühl haben. Ich muss sie sofort wegschicken, bevor sonstwas passiert und Prima womöglich zum Angriff auf dieses Kind übergeht oder Chiwa, weil sie total übersäuert aus lauter Angst, mir womöglich stirbt.
Wir müssen also dieser eigentlich netten Familie und diesem Kind weh tun, was sogar zu ihrem eigenen Schutz gut ist.
Wir haben auch sonst noch eine ganze Weile geredet, über alles mögliche.
Esther hat sich einen jungen Friesen dazu geholt, der noch nicht zugeritten ist.
Hansi hat sehr viel abgenommen. Es geht ihm gut, er baut irgendein Häuschen um, wo er später einziehen möchte.
Esther macht sich Sorgen um ihren kleinen Bruder. Das geht mir auch so. Er ist so tapfer. Wir treffen uns ja bald, wenn er Urlaub hat.
Raphael, sagt Esther, hat sie noch mit 16 immer genau im Auge, wenn er reitet. 10 Minuten warm, 10 Minuten schnell, 10 Minuten zum Runterkommen wieder langsam. Er weiß genau, auch wenn er alleine in der Reithalle ist, dass seine Mama in der Nähe ist und auf die Uhr schaut, dass er das Pferd nicht überlastet und alles richtig macht.
Sie sagt, sie hat noch nie einen Teenager und schon gar kein Kind kennengelernt, das wirklich in der Lage gewesen wäre, alleine mit Pferden umzugehen ohne Aufsicht. Diese Vernunft kommt erst mit zunehmendem Alter. Wer eigene Pferde hält, muss sich darüber klar sein.
Und am schlimmsten sind die Kinder der Mütter, die denken, Pferde wären lebendes Spielzeug für ihre Kinder. Es ist ihr mehr als einmal passiert, dass sie solche Kinder hat wegschicken müssen, weil es gerade diese Mütter sind, die es unmöglich machen, damit zu arbeiten.
Dann haben wir noch ein bisschen über die baldige Wahl geredet und über die Politik in diesem Land. Esther meint, die Mistentsorgung ist bei ihnen immer so teuer, aber dennoch wäre es richtig, dass es so ist ...wegen dem Trinkwasser und dergleichen. Wir waren uns einig darüber, dass man nicht immer nur das wählen sollte, was einem selbst aktuell Vorteile bringt, sondern die Welt immer in einem Gesamtzusammenhang sehen.
Und obwohl sie früher immer eine so tolle Figur hatte, sie hat auch das vermaledeite Lipödem von uns geerbt, Mami .. es sicher diagnostiziert, sagt sie. Ich hab gesagt, bei uns geht das, man muss sich dran gewöhnen, dass man keine so tollen Beine mehr hat, wenn man älter wird, aber das gibt es bei manchen Menschen viel schlimmer als bei uns. Wenn sie nach Dir und mir schlägt, wird sich das in Grenzen halten und man kann damit leben.
Tja ... übers Wochenende sind wir mit den Pferden alleine.
Jürgen ist am Nachdenken, wie er es dieser eigentlich so netten Familie beibringen soll, dass es einfach nicht geht mit Chiwa und Prima. Die kommen damit nicht klar, alle beide nicht. Sie brauchen Ruhe. Es wird sicher Monate oder sogar Jahre dauern, bis wir beide das wieder hin haben, meint Esther .. wird nicht leicht werden. Und wir müssen schnell handeln, bevor es bei Prima so schlimm wird, dass wir damit sogar selbst überfordert wären.
Tja ... es tut mir sehr leid.
Wir kannten die drei zu wenig, um das vorher wirklich beurteilen zu können.
Hier in der Gegend gibt es ein paar Jungen, die auch immer mitwollen. Da haben wir immer von vornherein nein gesagt, weil uns klar war, das würde nie klappen. Aber diese Kinder kennen wir auch gut, weil wir sie laufend beim Spielen erleben.
Mal ausnahmsweise auf nen Besuch können Pferde so kleine Nervensägen vielleicht aushalten .. dauerhaft eben nicht.
Und Chiwa und Prima jede auf ihre Art ganz bestimmt nicht.
Esther sagt, das was Prima momentan macht, sind Drohgebärden, die noch in den Griff zu kriegen sind, wenn wir schnell handeln und wenn wir nicht sofort handeln, könnte das extrem gefährlich werden, denn als Herdenchefin muss sie von ihrer Mentalität her so handeln.
So wie sich Chiwa verhält, sagt Esther, das ist pure Angst. Chiwa war immer rangniedrig und sehr unterwürfig. Die leidet extrem und könnte, wenn das nicht aufhört, davon auch schwer krank werden, denn in ihrem Alter hält sie so einen Stress nicht mehr lange aus.
Kindern, die kein Gefühl für Empathie in Bezug auf Tiere haben, sowas beizubringen, ist sehr schwer.
Und wenn, dann kann das nur jemand, der auch eine entsprechende Ausbildung hat mit einem Pferd, das Nerven wie Drahtseile hat, denn die belasten sogar erfahrene Therapiepferde oft so, dass man nicht mehr weitermachen kann.
Tja Mama ...so ist das manchmal im Leben.
Man muss zuweilen Leute verletzen, die einem gar nichts getan haben, weil es einfach nicht passt, was sich diese Menschen sehr wünschen.
Ich hasse sowas, aber meine Tochter hat recht.
Fühlen tu ich das schon seit Wochen und Jürgen sagt, es geht ihm genauso.
Bis bald, mache ja bald Dein Grab schön.
Grüß alle da oben bei Dir
Renate
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