... es sind so viele schreckliche Dinge passiert
Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass ich Dir das letzte Mal geschrieben habe, es war irgendwann im Januar und ich ärgerte mich darüber, dass Dein Grabgesteck so schnell so grau geworden war.
Ich fang mal mit den Kindern an. Hab mit Esther telefoniert, weil ich sie um Hilfe gebeten hatte. Sie konnte mir aber auch nicht helfen bei dem, wo ich Hilfe gebraucht hätte, habe auch verstanden, warum das nicht ging. Bei ihr ist alles okay, von Manu und Nessi habe ich nichts Neues gehört und Musel hat sie selbst im Januar das letzte Mal länger um sich gehabt, dem geht es wohl gut .. und in der Disco hat sie ihn irgendwann erst unlängst kurz getroffen. Krank ist er nicht, meldet sich halt nur nicht. Vielleicht weil er mitkriegt, Mama hat Probleme, und auf Eltern mit Problemen steht er nicht. Ich weiß das ja von Hansi, wo er mir oft erzählt hat, wenn der Probleme hat, geht er ihn erstmal lange nicht besuchen, sondern nur dann, wenn er gut drauf ist. Nun ja ...es gibt Schlimmeres.
Momentan sind da Tierschützer bei uns am Werkeln, die uns vollkommen fertig gemacht haben .. Jürgen und ich können nicht mehr .. wo wir aber inzwischen auch wissen, dass die überall in der Feldmark und in Klein-Kühren auch anderen Tierhaltern auf die Pelle rücken, weil da irgendwelche fanatische Tierschützer offensichtlich nicht nur uns am Wickel haben.
Es wurde immer schlimmer, wegen dem Wetter, wegen der Unterstände und dann, weil ab Mitte Februar unser Thunder ziemlich krank wurde und plötzlich anfing abzunehmen.
Andere Leute lassen sie umgekehrt nicht in Ruhe, weil deren Pferde zu wenig raus kommen sollen .. bei uns hieß es, die frieren doch.
Pferde, die Offenstallhaltung gewohnt sind, frieren aber nicht und selbst falls Thunder das vorher nicht gekannt haben sollte, weil ja keiner weiß, was er vorher erlebt hat, er kam im Sommer zu uns und hatte genauso wie die anderen ein dickes Winterfell bekommen.
Thunder hatte sich über Sommer, Herbst und auch zu Anfang des Winters bei uns so gut entwickelt. Er hatte zugenommen, war fröhlich und hatte sich ganz toll in die Herde eingelebt. Chiwa fing schon an, mit ihm zusammen am gleichen Heuhaufen zu fressen. Er gehörte also vollständig zur Herde dazu.
Und dann nahm er zuerst ab. Wir fingen noch an mit einem speziellen Fütterungsprogramm, das wir mit unserem Tierarzt durchgesprochen hatten, als er plötzlich nachts umgefallen ist, festlag und eingeschläfert werden musste.
Das passierte irgendwann nachts oder morgens am 8. März 18, Mami. Ich sehe immer noch seine Augen, wie er geschaut hat, als er so dalag.
Die Vet-Ärztin, die als Erste kam, als einer die Polizei gerufen hatte, der Thunder da liegen sah, hat uns später erzählt, sie hätte an eine tödliche Kolik bei ihm gedacht. Unser Tierarzt, der dann dazu kam und ihn nur noch hat erlösen können, sagte aber, seiner Ansicht nach wäre Thunder an Leberversagen gestorben, wo Pferde dann auch einfach umkippen und auch vorher eben so abnehmen wie er.
Als er tot war, erlebte Jürgen und ich eine regelrechte Hexenjagd auf uns, die dazu geführt hat, dass wir schließlich keine andere Möglichkeit mehr hatten, als auch Chiwa und Prima weit weg auf einem Gnadenhof für alte Pferde unterzubringen.
Selbst das zu schaffen, war schwer, weil man uns keine Zeit ließ, in Ruhe zu suchen, was wir tun könnten.
Unter Umständen .. also vielleicht .. wäre es sogar im kommenden Winter möglich gewesen, dass die drei nun zusätzlich zu ihren Weidehütten einen Holzstall mit Bestandsschutz und mehr Weideland dazu bekommen hätten ...ganz sicher ist das zwar noch nicht, aber sehr wahrscheinlich .. für uns aber nun alles zu spät und gar nicht mehr wichtig.
Auf dem Gnadenhof ist es schön. Aus dem Bauch heraus haben wir den gut ausgesucht und so schwierig Prima auch ist, sie ist genauso wie Chiwa brav Hänger gefahren.
Inzwischen wissen wir, dass viele andere Höfe mit genau der gleichen Tierschützer-Gruppe ähnliche Dinge erleben, zum Teil haben wir das gelesen und sind auch angerufen worden, auch von Leuten die noch länger als wir, nämlich über 30 Jahre Pferde am Haus halten und den gleichen Terror erleben.
Trösten kann uns das trotzdem nicht. Trösten tut uns vielleicht, dass die Hüs dort etwas sicherer sind als bei uns, weil eine große Familie sie umsorgt und es sogar Angestellte gibt, die für die alten Pferde dort da sind.
Oben ein Foto von Thunder am letzten Abend vor seinem Tod.
Und rechts eins einige Tage, bevor Chiwa und Prima auf den Gnadenhof fuhren.
Beide wirkten da nicht wirklich fröhlich und wir haben noch überlegt, ob es die Trauer um ihren toten Freund sein könnte, die sie so gedrückt erscheinen ließ.
Inzwischen sind wir da nicht mehr sicher.
Das neue Frauchen schrieb uns gestern was wegen komischer Blutwerte der beiden.
Auch Thunder hatte so schlechte Blutwerte.
Alles liegt uns noch nicht wirklich schriftlich vor, wir warten noch auf die ganz genauen Zahlen und Erklärungen.
Aber eins war in den vergangenen Wochen sonderbar bei uns. Es lagen schon länger immer wieder so viele Efeu-Blätter bei uns auf der Weide.
Schlechte Nieren- und Leberwerte können von einer Vergiftung kommen. Und Efeu gehört zu den Pflanzen, die Pferde, wenn er ihnen aus der Hand gefüttert wird, zuweilen in kleinen oder auch größeren Mengen fressen, weil frisch und grün neben dem trockenen Heu, das es im Winter ja immer gibt.
Und schlechte Nierenwerte gehen aufs Herz.
Und unser Thunder war nicht so stabil wie seine Stuten, der hatte doch vorher schon so viel erlebt und war gerade erst dabei, sich bei uns davon zu erholen, hatte keine Reserven.
Ich habe schon so viel gesucht jetzt .. mehr Klarheit bringen vielleicht noch die ganz genauen Blutwerte, aber auch die nicht wirklich alles.
Es sind alles grüne Efeublätter, die bei uns rumliegen und auch nicht überall, wo Efeu an den Bäumen rankt, sondern nur oben am Knick zum Viehbrooksredder lang bis ein paar Meter rauf auf die Weide.
Grüne Efeublätter fallen aber nicht von alleine ab.
Das tun Efeublätter nur dann, wenn die Pflanze krank sein sollte, und vorher werden die braun oder gelb. Diese sehen aber alle knackig frisch und grün aus.
Efeu kann bei Pferden nur Durchfall und Kotwasser auslösen, aber mit Pech auch eine tödliche Kolik oder eine so schlimmer Vergiftung, dass ein Pferd sich nicht mehr davon erholt und stirbt. Es kommt auf die Menge an, die es davon gefressen hat.
Wir haben deshalb die Befürchtung, dass alle drei Pferde warum auch immer mit genau diesen frischen Efeublättern nicht nur an einem Tag, sondern nach und nach immer wieder langsam vergiftet worden sind und dass Thunder, der am schwächsten war, schließlich daran gestorben ist.
Es muss nichtmal böse gemeint gewesen sein. Vielleicht hatten die Menschen, die das getan haben, einfach nur Spaß am Pferdefüttern.
Oder es war noch was anderes wie schimmeliges Brot, das genauso schlimm sein kann wie dieser Efeu. ... Dennoch kann es auch böse gemeint gewesen sein, was wir nie erfahren werden.
Ach Mami .. wenn ich Dir das nächste Mal schreibe, weiß ich wahrscheinlich noch mehr.
Und sollte einer wirklich mit Absicht drei unschuldige alte Pferde mit einer Giftpflanze langsam vergiftet haben .. diesen Menschen möge einfach der Teufel holen und ich hoffe, der tut das auch wirklich.
Gott sieht alles, und er hat sicher auch das gesehen.
Für Thunder kam jede Hilfe zu spät. Wir sind so traurig, weil wir beide noch nie erlebt haben, dass uns ein Pferd, das wir so geliebt haben, einfach so gestorben ist.
Der Tierarzt hat gesagt, die schlechten Blutwerte von Prima und Chiwa werden wohl mit der Zeit wieder gut werden, egal welche Giftpflanze oder was immer es war, dass sie so schlecht sind zur Zeit. Ich hoffe, das stimmt auch und gut haben sie es ja jetzt. So schön die Feldmark auch war, nach diesen Erlebnissen hätten wir uns dort nie mehr sicher gefühlt. Es laufen einfach zu viele Spaziergänger dort rum, die Pferde zwar oft gern haben, aber keine Ahnung davon, wie empfindlich das Verdauungssystem dieser Tiere ist.
Und es laufen auch zu viele Neider dort rum, die einem einfach dieses kleine Stück Pachtland nicht gegönnt haben und uns von Anfang an bekämpft haben, und immer anonym, so dass man ständig nur hat raten können, wer das tut.
Oben fährt er nun der Hänger, der Chiwa und Prima weit weg in ihr neues Zuhause gebracht hat.
Auch wenn sie dort ein schönes Leben haben werden und wir sie nicht ganz aus den Augen verlieren werden.
Mami .. uns wurde etwas weggenommen mit den beiden und mit Thunder, das unser Lebensinhalt im Alter gewesen ist. Wir sind so unglücklich, der Jürgen und ich. Du weißt das, denn Du hast uns beide gut gekannt und auch geliebt.
Wenn ich Dir das nächste Mal schreibe, werde ich die Frühlingsblumen fotografiert haben, die ich Dir bald auf Dein Grab pflanzen werde.
Bis bald Mami
Deine Renate
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen