So grausam können die eigenen Kinder sein
Meine Mama ca. 2009 mit uns in Boksee bei den Pferden |
Meine Mutter jammerte
ständig wegen ihrer Enkel. Deshalb habe ich im Frühling 2009 um die
Osterzeit herum für sie ein Treffen mit allen Kindern und Enkeln
arrangiert. Es tat mir weh, nicht selbst dabei sein zu können, denn
schon damals durfte ich erleben, wie grausam meine eigenen Kinder mit
mir umgingen. Das Treffen fand bei meinem Ex-Mann in der Wohnung und
im Garten statt, der damals eine Wohnung in Klausdorf in der Nähe
meiner jüngsten Tochter Esther gemietet hatte und noch mit seiner
Freundin Katrin zusammen war. Ich versuchte damals vergeblich, dass
meine Mutter mir irgendetwas darüber erzählen könnte, sie war
geistig schon so weit weg, dass absolut nichts dabei rüberkam. Bei
diesem Treffen waren alle Kinder, Schwiegerkinder und Enkel dabei,
auch Anni, Manuels Frau und Imke, die Ex-Freundin von Marius. Mein
Ex-Mann und seine Katrin waren natürlich auch da.
Ich hatte mich bis dahin mit
Anni oft sehr lebhaft per E-mail unterhalten. Das hat einmal damit
angefangen, dass die Dackelhündin Luna von Anni und Manuel
Dackellähme bekommen hatte und ich auch versucht hatte mitzuhelfen,
mehr Informationen darüber zu finden, wie man dem armen Tier helfen
könnte. Später stellte ich fest, dass sie kurz vor diesem Treffen
noch freundliche Antwort-mails an mich geschickt hatte, danach
allerdings hat sie nie mehr auf irgendetwas reagiert, was ich ihr
schrieb.
Was an diesem Tag wer zu
Anni über mich gesagt haben mag, entzieht sich meiner Kenntnis, aber
ich bin sicher, es hat sie an diesem Tag jemand gegen mich
aufgehetzt, und das so gründlich, dass sie beschloss, mich nicht
darüber zu informieren, dass sie mich zur Oma machen würde. Mein
Enkel Jarvin von Manuel und Anni, der irgendwann im November 2009 auf
die Welt kam (ich habe das Datum inzwischen vergessen, habe das Kind
ja auch noch nie sehen dürfen), war schon einige Wochen alt, als ich
auf dem Jappy-Profil meines Ex-Mannes einen virtuellen Schnuller als
Geschenk von Freunden mit einem Text entdeckte, der darauf schließen
ließ, dass er Opa geworden sei.
Mein Ex war inzwischen nicht
mehr mit Katrin zusammen, sondern hatte sich in eine Babs aus Berlin
verliebt, die auch gerade Oma geworden war. Die kleine Tochter ihrer
Tochter und mein Enkel Jarvin sind ungefähr gleich alt. Auf diese
dumme Tour erfuhr ich aber dann von Vanessa, Esther und auch Marius,
von dem ich nun am ehesten angenommen hätte, er wäre womöglich
Vater geworden, von welcher Frau auch immer, dass sie mir nicht sagen
dürften, wer mich zur Oma gemacht hätte. Manuel war laufend zu
Besuch da gewesen, aber immer ohne seine Frau. Meine Fragen, ob wir
mal mit Oma zu Besuch kommen könnten, wimmelte er monatelang immer
ab. Jetzt wurde mir auch klar wieso. Als wir telefonierten, gab es
einen schlimmen Streit. Er behauptete, sie hätten ja überlegt, mich
mal mit dem Kleinen zu Weihnachten zu besuchen, ganz gönnerhaft. Ja
bin ich denn ein Hund? Ich bin die Oma dieses Kindes, von dem man mir
die gesamte Schwangerschaft seiner Mutter über, die immerhin 9
Monate gedauert hat und nicht einmal bei seiner Geburt auch nur ein
Wort gesagt hat, und hätte ich nicht zufällig diesen Schnuller
entdeckt, auch wenn der gar nicht für Jarvin gedacht gewesen ist,
wäre ich nie darüber gefallen.
Tja … Manuel erzählte
mir, ich hätte ja erzählen können, dass ich von Anni und ihm Oma
würde und Anni hätte Angst um ihren Arbeitsplatz gehabt, wenn
jemand von der Schwangerschaft erfahren würde. Was für ein Quatsch.
Sie hat jahrelang in diesem Betrieb gearbeitet und es gibt in
Deutschland Mutterschutz. Ein noch fadenscheinigeres Argument hätte
sich mein Sohn wirklich nicht mehr einfallen lassen können. Ich fand
ein Foto des Kleinen auf der Homepage der Klinik, wo er auf die Welt
gekommen ist. Ein süßer Kerl, der mich vermutlich nie kennenlernen
wird. So grausam können Kinder sein.
Aber es geht noch grausamer.
Im September 2010 brach
meine Mutter sich auf dem Flur ein Bein. Es war ein glatter Bruch und
ich erlebte dabei leider den Pflegenotstand in Deutschland am Fall
meiner Mutter so hart mit, wie man sich das nur vorstellen kann.
Natürlich habe ich alle meine Kinder informiert, dass ihre Oma mit
einem gebrochenen Bein im Preetzer Krankenhaus liegt. Zu Hause
besuchen kommen, das taten meine Töchter ja nun beide nicht mehr,
Manuel kam nur ohne seinen Sohn und Marius selten, aber der immerhin
ohne feindselig zu sein. Ich musste sie ins Krankenhaus bringen und
hinterließ als wichtig, dass man sie nicht mit Entwässerungsmitteln
und anderen giftigen Medikamenten behandeln solle und dass sie so
dement sei, dass sie unbedingt Aufsicht brauchen würde, damit sie
nicht auf die Idee käme, nach der Operation aufzustehen, weil sie
zur Toilette müsste. Eigentlich sollte sie nach einigen Tagen wieder
nach Hause kommen, aber es glückte nicht, dass sie mit Hilfe der
Krankengymnasten in der Klinik am Gehwagen laufen lernte.
Ich wurde in der Klinik
überredet, meine Mutter zum Aufbauen in die Reha-Klinik Middelburg
zu lassen. Dort seien Experten, die sie beturnen und ihr helfen
würden. Ich hätte dazu nicht ja sagen sollen. Middelburg war weit
weg von uns, über 80 km mit dem Auto. Nun ist es in Deutschland so,
dass man Pflegegeld nur im ersten Monat weiter bekommt, aber dann
nicht mehr, wenn die Pflegeperson in einer Klinik ist und die Pflege
die Klinik macht. Wie also sollten Jürgen und ich es bezahlen,
täglich mehrmals wie in Preetz noch möglich, zu meiner Mutter nach
Middelburg zu fahren? Es ging nicht. Wir konnten nur jeden 2. Tag
einmal kommen und uns um sie kümmern. Ich telefonierte mit allen
Kindern, aber keins war auch nur einmal bei meiner Mutter in
Middelburg, um uns zu unterstützen. Mama verfiel zusehens. Dann
erzählte mir eine der nicht ganz so dementen Omis, dass sie laufend
nachts um Hilfe schreien würde, sie könne deshalb kein Auge zutun.
Ich wurde hellhörig und setzte mich mit dem Chefarzt der Reha-Klinik
Middelburg in Verbindung. Ich sagte, er soll meine Mutter nach Hause
bringen, so könne sie nicht gesund werden, ich würde hier zu Hause
die Krankengynmastik selbst für sie arrangieren. Die Auskunft, die
ich von diesem Arzt am nächsten Tag bekam, war niederschmetternd,
obwohl es noch nicht alles war, was man meiner Mutter im Krankenhaus
angetan hat, sondern nur der Anfang. Aus dem glatten Bruch war ein
Trümmerbruch geworden. Es muss sie jemand fallen lassen haben oder
aus dem Bett fallen lassen. Wo, wann, ließ sich nie ermitteln. Es
kann in Preetz und auch in Middelburg passiert sein. Ich gehe aber
davon aus, dass es wahrscheinlich schon in Preetz passiert ist, denn
sie war ja schon dort nicht in der Lage, nach der OP zu stehen und zu
gehen und kam aus diesem Grund zur Weiterbehandlung nach Mittelburg.
Also kam Mama zurück. Für
die 2. OP schenkte ich ihr einen kleinen Glücksbringer, ein
Glücksschweinchen, der später noch eine Rolle spielen soll, eine
symbolische. Mama überlebte diese zweite OP nur knapp, war eine
Weile in der Intensivstation, aber sie überlebte. Als sie nach Hause
kam, erwartete mich ein weiterer Schock. Ich hatte darum gebeten, den
Katheter aus ihrer Blase entfernen zu lassen. Außerdem hatte ich
angegeben, dass ich jetzt Hafemann heißen würde und wer die neue
Hausärztin in Preetz wäre, die meine Mutter jetzt behandeln würde.
Als der Krankenwagen kam, wunderte ich mich, wo die Träger denn
bleiben würden. Die klingelten oben im Haus bei einer Frau Braasch,
die dort wohnt und zufällig den gleichen Namen hat wie mein früherer
Ehename. Ich heiße ja aber seit meiner Scheidung wieder Hafemann.
Die Unterlagen waren auf den ehemaligen Hausarzt meiner Mutter aus
Kirchbarkau ausgestellt, der längst Rentner war, nicht auf ihre neue
Hausärztin. Und sie hatten sie mit einem regelrechten
Medimamentencocktail gefüttert und ihre vormals schon schlechten
Leberwerte waren noch schlechter geworden, neu dazu gekommen waren
nun auch noch schlechte Nierenwerte. Ganz toll. Unter den
Medikamenten waren auch zwei hammerharte und süchtig machende
Psychopharmaka zum Ruhigstellen gewesen. Ich erfuhr später von einer
Nachbarin, die in einem Pflegeheim arbeitet, dass solche Medikamente
in unseren Pflegeheimen für demente unruhige alte Menschen, da man
keine Zeit für die Leute hätte, an der Tagesordnung seien. So
stellt man sie ruhig, damit sie nicht ständig schreien und brüllen.
Na klasse.
Ich stellte dann fest, dass
meine Mutter eine total vereiterte Blase hatte und unter einer
tierischen Verstopfung litt. Die Verstopfung wird von den
Psychopharmaka gekommen sein, ich habe das als Nebenwirkung
nachgelesen. Die Verstopfung ließ sich relativ leicht beseitigen,
die Blasenentzündung zwar auch, aber nicht die Krampfblase. Meine
Mutter schrie noch monatelang laufend vor Schmerzen, weil sie nicht
pischern mochte und den Harn immer so lange zurück hielt wie es
irgendwie ging. Die Krankengynmastin erzählte mir, dass sie dieses
Problem kennen würde. Viele alte Leute, die man nicht in Windeln
wickelt, sondern aus Zeitmangel an einen Katheter anschließt, würden
diese schmerzhafte Krampfblase entwickeln und sich deshalb im Alter
als Pflegefall furchtbar quälen.
Es ist entsetzlich, sich das
vorzustellen. Warum wickelt man alte Leute, die inkontinent sind,
nicht einfach in Windeln? Ich habe das danach doch auch getan. Und
warum hindert man denn die Menschen, die ihre Verwandten gern pflegen
würden, daran, das auch tun zu können. Will man damit erreichen,
dass Renten eingespart werden, denn so werden alte Menschen ja viel
früher und unter grässlichen Qualen sterben als es sein müsste,
wenn man sie in ihren Familien lassen und die bei der Pflege
unterstützen würde.
Mit der Zeit lernte meine
Mutter, wieder zur Toilette zu gehen, die Schmerzen beim Wasserlassen
ließen nach. Sie lernte auch in der Wohnung am Gehwagen laufen.
Jürgen half mir mit Mama, die ja genauso dick wie ich und deshalb
sehr schwer war. Im ersten Vierteljahr durfte sie gar nicht aus dem
Bett, sich nur zum Essen auf die Bettkante setzen. Sie konnte
lediglich aus dem Fenstern ihres Zimmers nach draußen sehen. Die
Hausärztin taugte übrigens gar nichts. Sie kam kaum raus und
irgendwann am Telefon meinte sie, das würde ja so schlecht bezahlt
und da ich keine Medikamente wollte, würde sie so zusetzen. Tolle
Zustände. Die Frau mag recht haben, aber was haben wir denn für
bescheuerte Gesetze, wenn Ärzte nur dann was an ihrer Arbeit
verdienen, wenn sie ungesunde Pillen verschreiben???
Im Frühling bekamen wir
einen Treppensteiger, der uns ermöglichte, mit meiner Mutter mit dem
Rollstuhl das Haus zu verlassen. Das ist so ein Gerät, den man an
den Rollstuhl anschließt und dann die Treppen runter fahren kann.
Manuel und Marius kamen noch zu Besuch, Manuel aber immer noch ohne
seine Frau und ohne Jarvin. Esther und Vanessa blieben hart. Meine
Mutter hat von beiden ihre Urenkel nie mehr zu sehen bekommen, bis
sie starb. Ich durfte aber meine Mutter mit beiden telefonieren
lassen. Es tat mir weh, kein Kontakt zu Kindern ist besser als so
eine Fendseligkeit erleben zu müssen, aber ich wusste, meine Mutter
kann nicht mehr lange leben, so schlecht wie es ihr ging, also suchte
ich diese Telefonate mit meinen Töchtern, meiner Mutter zuliebe.
Im gleichen Frühling
meldete sich nach 18 Jahren ohne Kontakt Jürgens Tochter. Sie war
mit einem ehemaligen Preetzer verheiratet, hatte einen Sohn, der
Gabriel heißt und damals 4 Jahre alt war. Einerseits freute Jürgen
sich. Er sagte aber auch, er kennt seine Tochter. Sie sei launisch
und schwierig und er sei nicht sicher, ob das wirklich dauerhaft so
bleiben würde. Es blieb auch nicht so. Wir waren einmal gemeinsam in
einem Zoo, nahmen die drei auch mit nach Bad Segeberg zu den
Karl-May-Festspielen, was kurz vor dem plötzlichen Tod meiner Mutter
war. Ich kaufte nach Mamas Tod noch ein Weihnachtsgeschenk, das ich
später einem anderen Jungen schenkte, denn Anfang Dezember 2011
vergaß Jürgen den Geburtstag seiner Tochter, die uns auch nicht
eingeladen hatte, und plötzlich brach sie den Kontakt zu ihm ab. Er
war totunglücklich. Sie war nur gekommen, um eine alte Wunde wieder
aufzureißen. Sie reagierte auf keine Entschuldigung von Jürgen,
dass er doch nur nicht daran gedacht hätte nach so langer Zeit.
Später suchte sie den Kontakt zu mir bei Facebook und versuchte,
mich gegen ihren eigenen Vater aufzuhetzen. Sie ging dabei so weit,
dass ich beschloss, ihr die Wahrheit zu sagen, nämlich dass Jürgen
ihre Mutter nur geheiratet hatte, weil er nach 9 Jahren erfahren
hatte, sie sei seine Tochter und man hätte sie ihrer Mutter weg
genommen und in ein Kinderheim gesteckt. Ohne diese Ehe wäre sie da
nicht wieder raus gekommen. Schon mit Ehe wäre es schwierig genug
gewesen, sie nach Hause zu holen. Sie wollte mir nicht glauben, dass
Jürgen ihr richtiger Vater sei. Ihre Mutter hat ja früher nicht
gewollt, dass sie es erfährt. Nun weiß sie es. Wieder gesehen haben
wir weder sie noch Jürgens Enkel Gabriel.
Aber nun zurück zu meiner
Mutter. Vanessa habe ich mehrfach mit Mama in der Tierklinik besucht,
wo sie arbeitet. Esther habe ich dann auch einfach mit ihr besucht.
Wir hatten das Gefühl, es freute sie sogar, dass wir da waren. Sie
holte extra ihre beiden Ziegen, um sie uns zu zeigen. Sie erlaubte
mir auch, Nixe und Reno und die anderen Pferde zu fotografieren. Nur
Raphael war nicht da. Der war gerade auf Klassenfahrt. Sie erzählte
aber viel von ihm und auch von dem schlimmen Unfall ihrer Stute Nova,
die beim Kennenlernenlaufen einen Sehnenriss davon getragen hatte.
Aber dann wollte ich Esther
Fotos von diesem Treffen mailen und bekam die auf eine ganz
sonderbare Art und Weise zurück. Ich hatte die Bilder an die
Mail-Adresse der Homepage von Esthers Reitschule geschickt. Stunden
später kam eine nach einer Rück-mail mit Fehlermeldung aussehende
mail zurück, aber die war nicht echt, was ich daran sah, dass mein
Name zum Teil mit f und auch mit v geschrieben war. Also Hafemann,
aber auch ab und zu Havemann. Das macht kein Computerprogramm, das
schickt logischerweise eine mail, wenn das Postfach voll ist, dahin
zurück, wo die mail auch her gekommen ist und schreibt nicht den
Namen falsch.
Die mail kam auch nicht von
Esthers Homepage zurück, sondern von einem Verlag Ihres Mannes und
eines Professors, mit dem er gemeinsam Bücher über Kieler
Stadtteile vertreibt. Und dann sah ich dort auf dieser Homepage
dieses Verlages, wer sich um diesen Verlag kümmert, und das war die
Ex meines Kleinen Imke.
Ich war so verdattert, dass
ich mich dabei vertan habe, diese mail an meinen Mann Jürgen
weiterzuleiten, dem ich sagen wollte, er soll nichts davon meinem
Jüngsten sagen, den wir am kommenden Tag zum Essen erwarteten und
aus Kiel abholen wollten. Ich schickte die mail, die eigentlich mein
Mann bekommen sollte, leider als Antwort an diesen Verlag zurück.
Später rief mich Esther an,
ich solle ihr nie wieder Fotos schicken. Offensichtlich hatte sie
großen Ärger bekommen als raus kam, dass sie mit ihrer Mutter und
Oma geredet und den Besuch geduldet hat. Mein Kleiner kam am nächsten
Tag nicht mit zum Essen, sondern maulte eine ganze Weile mit uns,
denn dass ich nicht wollte, dass er erfährt, was wir gerade über
Imke erfahren haben, hat ihn wütend auf mich gemacht. Es war sofort
bei ihm angekommen, dass ich das raus bekommen hatte und schlagartig
begriffen, über wen die Person, die uns das alles eingebrockt hat,
vermutlich Zugang zu allen Daten auf unserem früheren Familienserver
gehabt hat, nämlich über seine Ex-Freundin. Denn dieser Verlag ist
sicherlich damals auf dem gleichen Server gewesen, was ich nie geahnt
habe.
Esther und Jumper |
Nova, von deren Unfall mir Esther an dem Tag erzählte |
Esther erzählte Geschichten von ihren Ziegen und holte sie extra, um sie uns zu zeigen |
Ich habe damals auch immer
meine eigene Homepage auf diesem Server bearbeiten können. Mein Sohn
hat nur immer gesagt, Mama geh nie woanders rein, Du könntest die
Seiten der anderen aus Versehen ruinieren. Ich bin auch nie woanders
rein gegangen außer auf meine eigene Homepage, als ich noch auf
diesem Familienserver war. Aber jeder hätte es gekonnt, ich ja auch
bei den anderen Seiten. Ich hatte ja Master-Rechte. Wer sonst noch
Master-Rechte hatte, weiß ich nicht. Aber jeder, der sie hatte,
hätte besagte Morddrohungen an die Ex meines Ex schicken, meine
intimen Texte aus meinem Forum in die Öffentlichkeit schieben und
auch verändern können und vieles mehr und ebenfalls in unserem
e-mail-Account sehen, was für ein Passwort Jürgen bei Clipfish
hatte, um dort als Kommentar zu schreiben, er würde Nixe, Reno,
Chiwa und Prima wieder bei Esther wegholen wollen, was sie ja damals
so wütend gemacht hat, dass alle diese Dinge passiert sind.
Tja … ich habe begriffen,
was passiert ist und wie ungefähr es passiert ist. Wer genau mein
wirklicher Feind in dieser Familie war, das weiß ich immer noch nicht
und werde es auch nie wissen. Aber jeder der Mitläufer aus meiner
Familie hat sich vor den Karren eines Sadisten spannen lassen und
rennt in seinem Auftrag, nur unser Kleiner ist noch resistent
dagegen. Wie lange noch, das weiß ich nicht, denn diese Rolle wird
er auch nicht unbegrenzt durchhalten, kann er gar nicht. Mobbing
zieht irgendwann alle rein, auch die, die sich anfänglich noch
wehren.
Das alles passierte im Mai.
Meine Mutter hatte noch einen schönen Sommer, aber einen zweiten
Besuch bei Esther konnte es so nicht mehr für sie geben, wie ich
gehofft hatte oder sogar eine Entspannung zwischen mir und meiner
jüngsten Tochter.
Ende Juli besuchte uns
Manuel, als meine Mutter Geburstag hatte. Er erzählte uns, dass er
sich selbständig gemacht hätte, seinen Traum verwirklicht, eine
eigene Oldtimer-Werkstatt bei sich zu Hause zu haben und davon auch
zu leben. Er hätte nicht gewollt, dass seine Frau wieder arbeiten
geht und den kleinen Jarvin zu lange alleine ließe. Das klang alles
sehr positiv. Ich fand die Idee gut. Manuel sagte, er würde einige
Tage mit der Familie nach Dänemark fahren wollen, wäre an seinem
Geburtstag nicht zu Hause, denn natürlich habe ich wieder versucht,
ob wir ihn nicht einmal besuchen kommen könnten. Er brachte auch
Fotos von Jarvin mit, der inzwischen zwei total niedliche Zähne
bekommen hatte. Tja, unter anderem dachte ich, dass es Manuel und
Anni finanziell gut ginge und sie keine Sorgen hätten. Dass ich das
dachte, ist wichtig, denn unter diesem Aspekt, habe ich ihn einige
Wochen später um Hilfe gebeten und ging auch davon aus, dass er mir
helfen könnte. Erst später erzählte mir mein Jüngster, dass
Manuel sich erst selbstständig gemacht hat, nachdem er über ein
Jahr arbeitslos gewesen ist. Es wäre möglich, dass seine spätere
Reaktion auf eine Hilfebitte an ihn nur so krass ausgefallen ist,
weil er nicht zugeben konnte, dass er mir gar nicht helfen konnte,
weil er selbst auch zu wenig Geld hatte. Das hätte ich erstens
verstanden und dann auch ganz anders gefragt, wenn ich es auch nur
geahnt hätte.
Etwas später fuhren wir
noch mit meiner Mutter und Jürgens Tochter, Schwiegersohn und Enkel
nach Bad Sebegerg und nahmen Mama dort auch mit. Sie konnte sich an
zwei Dinge noch tagelang gut erinnern, und das war der Besuch von
Manuel und die Fahrt mit dem Rollstuhl mit ihm am Postsee entlang,
aber auch wie der Weißkopfseeadler in Bad Segeberg über ihren Kopf
geflogen war, weil sie der große Adler so nah so beeindruckt hatte.
Tja, und dann kam das Ende
von Mamas Leben. Ich weiß noch genau, dass sie sagte, es würde ihr
letzter Sommer werden, als wir die erste Ausfahrt mit dem Rollstuhl
im Frühling 2011 mit ihr machten. Und ich sagte, ach Mama, es kommen
noch viele Sommer, aber sie sagte, nein, dieser hier wäre der
letzte, sie würde keinen weiteren Sommer mehr erleben. Es war
wirklich so. Kurz vorher fiel mir Mamas Glücksschweinchen aus
Versehen von der Fensterbank in ihrem Zimmer, wo es einen Platz
hatte, an dem sie es immer sehen konnte. Ich bekam einen großen
Schreck und sagte zu Jürgen, oh Gott, hoffentlich ist das kein böses
Omen, dass mir das Glücksschweinchen zerbrochen ist. Aber es war ein
böses Omen. Mein Bauch hatte recht wie so oft, wenn er mir etwas
mitteilte. Als der Sommer vorbei war, bekam meine Mutter in meinen
Augen eine Magengrippe. Sie fing an, sich zu übergeben. Es wurde
einfach nicht besser und war Ende September. Ich war pleite, hatte
weder genug Geld für die Praxisgebühr noch für viele Liter Milch,
Mineralwasser, Toast oder andere Dinge, die gut gegen eine
Magengrippe wären. Deshalb rief ich Manuel an, der mir am Telefon
wütend erzählte, ich würde ja meine Pferde mit Kiwis füttern und
er würde mir nicht helfen. Entsetzt legte ich den Hörer auf.
Vanessa war pleite, Marius ebenfalls, weil sein Bafög wiedermal
nicht rechtzeitig gekommen war und er sich selbst schon überall Geld
geliehen hatte, um überhaupt noch was zu Essen zu haben. Esther war
auch pleite. Unsere Freundin Ela konnte uns mit dem letzten Geld, was
sie noch hatte, ein bisschen helfen, aber das rettete meiner Mutter
nicht mehr das Leben.
Jürgen war gerade beim
Jobcenter, als sie plötzlich begann, wie eine Sirene zu schreien.
Ich musste die Klinik anrufen, den Krankenwagen rufen. Es wollte uns
keiner einen Tropf nach Hause bringen, damit ich ihr hier helfen
könnte. Ich dachte immer noch an eine Magengrippe. Es war aber
keine. Es war Nierenversagen. Das war der Anfang vom Ende und ich
erlebte mit dem Tod meiner Mutter nicht nur deshalb, sondern auch
wegen vieler anderer Dinge die wohl schlimmsten Monate meines
bisherigen Lebens. Warum das wo war und wie Jürgen und ich danach
ganz allmählich wieder auf die Beine kamen, werde ich Euch im
nächsten Teil erzählen.
LG
Renate
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