Fortsetzung aus Juli 16
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Birgit Belau und ich haben schon wieder
etwas gemeinsam, wenn auch nicht konkret, aber in gewissen Ansätzen.
Birgit Belau lernt die spastisch
gelähmte Anna kennen, die ihr Leben im Rollstuhl verbringen muss.
Deren Mutter hat sie nicht mit dieser Spezialgymnastik gequält. Sie
lernt auch noch eine weitere junge Mutter kennen, die sich dazu
entschließt, ihr spastisch gelähmtes Kind nicht mit dieser
Spezialgymnastik zu traktieren, obwohl es dann genauso wie Anna für
immer an den Rollstuhl gefesselt bleiben wird.
Ich selbst habe in Depenau auch einen
Jungen und seine Mutter kennengelernt. Auch dieser Junge wurde durch
seine Mutter nicht so stark traktiert, dass er wie mein Marius laufen
gelernt hätte. Als seine Mama schwanger war, kam der Junge
vorübergehend in eine Pflegefamilie und machte dort große
Fortschritte. Nach der Entbindung kam er wieder nach Hause, seine
Mutter machte nicht weiter und er blieb an den Rollstuhl gefesselt.
Als er älter wurde, kam seine Mutter gar nicht mehr mit ihm klar und
der Junge kam in ein Heim für Körperbehinderte.
Birgit und ich haben eins gemeinsam.
Wir beide denken, es war gut für unsere Kinder, ihnen dabei geholfen
zu haben, nicht im Rollstuhl zu landen, auch wenn die Beturnerei
wirklich für alle Beteiligten eine Tortur gewesen ist.
Ich erinnere mich in meinem Fall daran,
dass meine Familie durchaus damals gesagt hat, ich hätte das im Fall
von Marius alles richtig gemacht, aber verlassen haben mich die
Kinder später trotzdem genauso wie Birgits Kinder sie auch.
Ich weiß nicht, ob es was damit zu tun
hat, dass wir beide unsere spastisch gelähmten Kinder vor den Augen
der ganzen Familie und Geschwister immer so hart haben anfassen,
ihnen auch so viel Aufmerksamkeit schenken müssen. Mag sein,
vielleicht liegen die Gründe aber auch ganz woanders, dass wir
verlassen wurden.
Birgit lernte zwei gute Freunde kennen.
Als der Mann stirbt, wird seine Frau zum Pflegefall und Birgit
kümmert sich um sie, bis sie auch stirbt. Danach macht sie eine
Ausbildung, um in einem Hospiz Sterbende begleiten zu können und
arbeitet dort acht Jahre lang. Sie hofft, durch das Erleben des Todes
das Leben besser verstehen zu können, aber das gelingt ihr nicht.
Sie empfindet den Tod als den Übergang in eine andere Daseinsform
und damit als etwas Tröstliches.
In ihrem Buch beschreibt Birgit
verschiedene Begegnungen, die ihr gut taten. So auch die einer
Mutter, deren Kind vor einen Lastwagen rannte und starb und die ihr
sagte, das sei schlimm, aber nicht so schlimm wie von den eigenen
Kindern verstoßen zu werden.
Man erfährt beim Lesen, dass Birgit in
psychotherapeutischer Behandlung ist, um mit diesem Verlust der
Töchter fertig zu werden. Man erfährt, dass eine davon ihr als
Andeutung in einer E-mail schrieb, dass sie hoffentlich nie erfahren
möge, was sie ihren Kindern denn nun angetan hätte.
Man erfährt, dass die Therapeutin den
Spieß umdrehte und Birgit fragte, ob eigentlich ihre Töchter
wüssten, was sie der eigenen Mutter angetan hätten.
Diese Äußerung bringt Birgit zu einem
Umdenken. Sie beginnt erstmals zu überlegen, ob eigentlich sie die
Schuldige sei.
Birgits Situation ist vollkommen anders
als meine eigene. Bei mir waren erst dann Probleme mit meinen Kindern
da, als diese Partner für sich aussuchten, die mich nicht leiden
konnten und mich verbissen bekämpft haben.
Ich glaube, es ging ursprünglich von
einem Mädchen aus, die einfach nicht damit klar kam, dass ich eine
andere Auffassung darüber hatte, wie man einen Hund erziehen sollte
und ihr nicht recht gab. Das hat sie so wütend gemacht, dass sie
begann, alles was ich tat auszuspionieren, zu hetzen und die ganze
Familie auf mich rauf zu hetzen. Dabei angelte sie sich auch den
Partner einer meiner Töchter, mit dem sie jahrelang ein Verhältnis
hatte. Meinen Schwiegersohn, der zu meiner Großen gehörte, konnte
sie schon früh spielend leicht auf mich hetzten, indem er erfuhr,
dass ich davon ausging, er hätte meine Tochter hochschwanger
geschlagen und schwer verletzt, auch wenn ihm das danach leid getan
hatte. Meine Schwiegertochter zu meinem Ältesten konnte sie bei
einem Besuch auf mich rauf hetzen, den ich für meine Mutter
arrangierte, damit sie die Enkel endlich einmal alle treffen konnte.
Wie weiß ich nicht.
Insofern fühlte ich mich nie schuldig
wie Birgit. Birgit fühlt sich heute so denke ich auch nicht mehr
schuldig, aber anders als ich empfindet sie sehr viel Wut.
Ich habe diese Wut auf meine Kinder
längst abgelegt und von meinem 2. Mann, dessen Kinder ihn ja auch
verstoßen haben, etwas Gutes gelernt. Jürgen sagt, sie sind
lebensfähig. Das haben wir ihnen beigebracht als Eltern. Sie möchten
uns nicht um sich haben, lass sie.
Natürlich wünscht man sich immer
wieder, alles würde so werden wie früher. Jürgen und ich verstehen
deshalb Birgit und ihren Mann sehr gut.
Weil ich Birgit inzwischen sehr gut
kenne, ist mir noch etwas in ihrem Buch aufgefallen.
Eines nachts sieht sie eine weiße Eule
über ihren Kopf hinwegfliegen und empfindet das als ein Wunder.
Ich weiß, weil wir uns schreiben, dass
ihr diese weiße Eule etwas bedeuten muss, eine ganz besondere
Bedeutung haben muss. Vielleicht erkenne ich warum, wenn ich das Buch
weiter lese.
Aber heute nicht mehr. Ich werde jetzt
erst einmal etwas kochen und Euch später mehr von diesem Buch
erzählen.
LG
Renate
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