Dienstag, 18. Oktober 2016

Wie gefährlich Verfolgungswahn tatsächlich werden kann

Eine kleine Geschichte von einem früheren Chef, der Psychiater war


Die noch recht junge Frau da rechts bin ich auf einem alten Foto. Ich sitze da vor dem Institut für Psychologie der Christian-Albrechts-Universität in Kiel, wo ich damals eine Weile studiert habe.

In dieser Zeit und schon vorher als Schülerin auf dem Fachgymnasium-Preetz hatte ich damals einen Nebenjob als Schreibkraft in der Fachklinik Ruhleben. Das ist eine Suchtklinik, in der Süchte aller Art therapiert werden. Die meisten Patienten sind Alkoholiker oder Drogensüchtige. Wir hatten aber auch Spielsüchtige oder Magersüchtige und Menschen mit noch ganz anderen Problemen als Patienten.

Ich durfte damals auch einmal an einem Seminar für das sogenannte Living Learning teilnehmen, was sehr interessant war und mir große Einblicke in die Entstehung von Suchtverhalten brachte.

Oben seht ihr meine Älteste Vanessa (links) und mich am Tag des Abistreichs. Vanessa hatte damals gerade die 11. Klasse rum, denn sie kam ja 2 Jahre nach mir erst auf die gleiche Schule und Manuel dann noch zwei Jahre nach ihr ... und ich war gerade fertig mit dem Abi.

Links, das sind meine Mama und ich am Tag der Vergabe der Abitur-Zeugnisse.



Ich erzähle gleich, worum es geht, denn ich möchte Euch ja berichten, wie gefährlich Verfolgungswahn werden kann, den manche Menschen entwickeln, die eine paranoide Persönlichkeitsstörung haben.

Aber die Fotos, die ich gefunden habe, als ich nach einem von mir aus dieser Zeit suchte, sind grad so schön. Oben bin ich mit meinem Ex Hansi auf unserem Abi-Ball, rechts mit Freunden bei unserer Abi-Party .. in lila mit Mütze.


Das Foto oben ist auch noch eins von unserer damaligen Abi-Party ..die junge Frau im Kapuzenpulli ist meine Tochter Vanessa, der junge Mann im roten Strickpulli mein Sohn Manuel.

Und rechts sind unsere damaligen Hunde Monti (vorn) und Susi (Nr. 2, wir hatten 3 Susis im Leben) zu sehen.

Ich habe den Job in Freudenholm gemacht, weil er mir Einblicke in die Arbeit eines Psychologen bringen sollte.

Weil ich damals so viele Mitschüler mit Drogenproblemen hatte, hatte ich damals die Idee, später eventuell Drogensüchtigen helfen zu wollen. Das Abitur an sich habe ich eigentlich nur einmal nachgemacht, weil ich Vanessa, die so gern Tiermedizin studieren wollte, besser bei den Hausaufgaben helfen können wollte, da mir klar war, ich würde eine gute Schülerin sein. Das war ich eigentlich immer .. und so kriegt man vom Stoff, den das eigene Kind später lernt, auch doch mehr mit.

Das weiße Pferd oben ist nicht Chiwa. Wir hatten damals noch gar keine eigenen Pferde, aber meine Töchter wünschten sich immer welche. Das Pony gehörte unserem Gutsbesitzer und manchmal durfte Esther darauf reiten wie oben.
Das Foto oben rechts habe ich an einem Projekttag mit den Grundschulkindern aus Stolpe vor der Fachklinik Freudenholm-Ruhleben aufgenommen. Marius (links) und Esther (rechts) hatte ich auch mit in meiner Gruppe, habe mit den Kindern Wasservögel beobachtet und zu Hause gezeichnet. Das war unser Projektthema. Links seht Ihr Marius und Esther im Bett in ihrem Kinderzimmer in Depenau.

Tja nun zu meinem Job und meinem Chef in Freudenholm-Ruhleben.

Ich tippte dort samstags und auch zuweilen in Vollzeit in den Schul- und später Semesterferien der Uni Kiel Psychotherapieberichte.

Rechts meine Familie in unserem Pavillon in Depenau beim Essen.
...
Mein Chef war jeden Tag in der Klinik. Der konnte ohne Kontrolle nicht sein. Er hatte den Ruf eines Workoholic unter seinen Mitarbeitern. So kam ich dazu, samstags seine Sekretärin und Schreibkraft zu werden, denn er brauchte ja dann auch wen im Büro. Er hat mir damals auch oft alles mögliche erzählt und so auch einmal etwas über den in seinen Augen schlimmsten Fehler seines Lebens, woran er sehr zu knabbern gehabt hat, um sich den zu verzeihen.

Links meine Mama mit unserem damaligen Kater Birbitz.
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Die Geschichte war keine aus Freudenholm, sondern lange her, als er mir das erzählt hat. Er hat davor längere Zeit nicht Suchtpatienten, sondern Menschen mit schweren Psychosen behandelt, die in der geschlossenen Psychiatrie waren, weil sie für die Allgemeinheit als gefährlich eingestuft waren.

Dazu gehörte auch ein Mann mit einer paranoiden Persönlichkeitsstörung, der unter Verfolgungswahn gelitten hatte und deshalb dort längere Zeit in der geschlossenen Abteilunghat leben müssen. Dieser Mann fühlte sich ständig von irgendetwas, allem und jedem verfolgt und bedroht, das gar nicht wirklich da war.

Er war verheiratet und Vater eines kleinen Jungen oder Mädchens. Ich weiß nicht mehr, welches Geschlecht dieses Kind hatte, nur noch, dass es noch sehr klein war.

Vanessa mit Monti in ihrem Kinderzimmer (oben) und Manuel (rechts) mit unserem damaligen Weihnachtsbaum.
...
Na ja .. weiter mit der Story, die mir mein Chef aus Freudenholm erzählt hat.

Er hat diesen Mann lange in der geschlossenen Abteilung der Klinik, wo er damals gearbeitet hat, behandelt. Natürlich wollte der Mann gern wieder nach Hause zu seiner Familie, der er liebte seine Frau und sein Kind. Er machte auch nach einer Weile den Eindruck, dass er sich psychisch erholt hätte, sich nicht mehr grundlos von Dingen verfolgt und bedroht fühlte, die gar keine reale Bedrohung für ihn darstellten.

Also hat mein Chef dann die Diagnose gestellt, dass er raus und wieder nach Hause darf.

Der Mann fuhr dann mit seinem Kind in einem Zug, als er von einer erneuten Angstattacke übermannt wurde. Er fühlte sich plötzlich von Menschen bedroht, wollte sein Kind retten und warf es aus dem Fenster des fahrenden Zugs. Das Kind ist dabei ums Leben gekommen.

Dieser Mann wollte sein Kind retten, nicht töten. Er war nicht von Natur aus böse, er war einfach nur psychotisch und litt an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung, die sich unter Umständen so schlimm auswirken kann.

Menschen mit dieser Krankheit können von harmlos bis gemeingefährlich alles sein. Man erkennt diese Krankheit an vielen Dingen, unter anderem aber auch daran, dass diese Menschen sich ständig von Dingen bedroht fühlen, die in Wirklichkeit gar nichts mit ihnen zu tun haben. Sie bilden sich das nur ein.

Unsere Stalkerin tut das auch.

Sie hat unserer früheren Freundin schon erzählt, sie würde sich von Jürgen angegriffen fühlen, als der ihr noch freudestrahlend erzählt hat, er hätte die Verpächterin unserer Weide erreicht und einen Termin bekommen und sie dann gefragt wegen ihres Heulieferanten, denn sie hatte uns beim ersten Gespräch ja ausgesprochen nett erzählt, sie hätte so einen guten Heulieferanten und wenn alles klappen würde, dann würde sie uns mit dem bekanntmachen. Also war es naheliegend von Jürgen, ihr freudig zu erzählen, wir kriegen die Pachtweide und sie dann auch wegen dieses Heulieferanten anzusprechen.

Sie empfand das aber bereits da als Angriff und wir kräuselten die Stirn wieso.

Jürgen und ich ordnen sie beide in die Gruppe von Menschen ein, die an so einer Krankheit leiden.

Ob sie gefährlich werden kann oder nicht, ist für uns schwer zu sagen.

Selbst mein Chef, der ein gut ausgebildeter Psychiater war und viel Berufserfahrung hatte, hat sich damals so mit seiner Diagnose vertan, denn sowas ist alles, aber nicht leicht festzustellen.

Er hat mir das deshalb erzählt, weil er sagte, Menschen mit Suchtproblemen sind selten psychotisch, sondern meistens nur neurotisch und deshalb gut zu behandeln, und eins auch bis auf wenige Ausnahmen auch selten, nämlich gemeingefährlich.

LG
Renate

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