... und leider Gottes doch viel wahrer als ich früher einmal dachte
Mein Ex-Mann war Arbeiter ohne Hauptschulabschluss, aber er war dennoch ein Mann, der zu mir gepasst hat .. eher unzivilisiert und deshalb so schlecht in der Schule .. und ich verliebte mich in ihn Seite an Seite in der damaligen Friedensbewegung der Gewerkschaftsjugend.
Als ich im Studium den autoritären Charakter von Adorno zu bearbeiten hatte, habe ich diesen Schein damals nicht bekommen .... ich habe mich einfach geweigert anzunehmen, dass mangelnde Intelligenz, ein Mangel an Intellekt, ein Mangel an der Fähigkeit, sich konkret auszudrücken, seine Gefühle in Worte zu fassen .. auch etwas zu tun haben könnte mit dem gnadenlosen Verhalten der Menschen, die in der Hitler-Zeit ohne Erbarmen Morde zuließen, hetzten oder sogar selbst mordeten.
Ich machte einen Fehler .. mein Ex war weder dumm noch gefühlskalt .. mein Ex war einfach ein typischer Hippie-Chaot .. genau der Hippie-Chaot, den ich mir damals ausgesucht habe, um das brave Püppchen, als das mich in meiner Jugend alle bezeichneten, so ungezogen zu machen, wie es gern sein wollte .. sehr ungezogen.
Heute würde ich meinen Schein über Adorno kriegen ...der Mann hatte leider doch recht .. denn wir erleben diese Charaktiere, die er in seinem Werk beschrieben hat .. sie sind immer überall um uns rum.
Und nun möchte ich Euch was verlinken und den Text komplett danach übernehmen, was ich über Adorno eben fand:
Wie immer man das Phänomen nennen will, für das die Namen Trump, Le Pen
oder AfD stehen – es ist nicht bloß eine Denkweise, sondern eine Gefühlswelt. Wird sie
beschrieben, dann fallen Vokabeln wie Hass, Wut, Frust, Sorgen und Nöte. Und so viel steht
fest: "Man kann diese Gefühle nicht einfach als zufällig oder den Menschen eingeredet abtun;
sie gehören zum Grundbestand der modernen Gesellschaft. Misstrauen, Abhängigkeit,
Sich-ausgeschlossen-fühlen, Angst und Desillusionierung fließen in eins zusammen und ergeben
einen grundlegenden Zustand des Menschen im heutigen Dasein: das große Unbehagen." Kluge
Worte, sie wurden vor 70 Jahren geschrieben.
So lange ist es schon her, dass die beiden Emigranten Leo Löwenthal, ein
Deutscher, und Norbert Gutermann, ein Pole, ihre Untersuchung über die
Reden rechtsextremer Führer in den USA veröffentlichten
(Agitation und Ohnmacht).
Ein Jahr später wurde auch ein zweites Buch fertig, das Theodor W. Adorno berühmt machen sollte: die sozialpsychologischen
Studien zum autoritären Charakter.
Die beiden Werke ergeben ein Bild protofaschistischer
Verhetzung, das beklemmend aktuell wirkt. Und das eine Erklärung dafür
anbietet, warum Menschen für Hetze so empfänglich sind.
Adornos Hypothese lautete, "dass die politischen, wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Überzeugungen eines Individuums häufig ein
umfassendes und kohärentes, gleichsam durch eine 'Mentalität' oder einen
'Geist' zusammengehaltenes Denkmuster bilden und dass dieses Denkmuster
Ausdruck verborgener Züge der individuellen Charakterstruktur ist". Es
gebe also zwei Schichten, die Ansichten und die seelischen Bedürfnisse,
und sie hätten miteinander zu tun: Die Ansichten befriedigten die
Bedürfnisse.
Adorno und seine Mitautoren wenden sich gegen die vulgärmarxistische
Vorstellung, rechtsradikale Stimmungen seien einfach der Ausdruck
sozialer Missstände. Sie vermuten stattdessen, dass "lange bestehende
Sehnsüchte und Erwartungen, Ängste und Unruhen die Menschen für
bestimmte Überzeugungen empfänglich und anderen gegenüber resistent
machen". Zu diesen Sehnsüchten zählte schon damals, dass der permanente
Veränderungsstress endlich aufhören möge. Das ist verständlich, aber
doch regressiv: die Verweigerung eines erwachsenen Umgangs mit der Welt.
Heute ließe sich allerlei gegen die Adornosche Autoritätsstudie
einwenden. Erstens ist ihre theoretische Grundlage fragwürdig. Das
Charaktermodell, das sie entwirft, wird von veralteten Kategorien
bestimmt. Da ist vom Ödipuskomplex
und von anderen Fiktionen der Psychoanalyse die Rede. Sie sind alle
Spekulation. Zweitens trägt die Datenbasis nicht weit. Insgesamt wurden
zwar 2099 Personen mit Fragebögen erfasst; sie setzten sich aber aus
Gruppen wie etwa Gefangenen, Studenten und Rotariern zusammen, die sich
die Forscher als besonders interessant herausgesucht hatten, weshalb das
Gesamt-Panel nicht repräsentativ war (was die Autoren auch einräumten).
Die einzelnen Gruppen waren es freilich ebenso wenig, dafür waren sie
zu klein. So geriet die Fragebogenaktion zu einer Art Netzfischerei; was
hängen blieb, waren Fälle für Tiefeninterviews. Die aber sind
interessant.
Sie zeigen, dass sich Vorurteile gegen Minderheiten
durchaus unabhängig von sozialen Lagen herausbilden. Ein weiterer
Befund ist der "Bruch zwischen angeblichem und wirklichem Denken".
Etliche Befragte hatten ihre Fragebögen so ausgefüllt, wie sie es für
erwünscht hielten ("politisch korrekt", würde man heute sagen) – erst im
Gespräch zeigten sie ihre wahren Ansichten, oft in Form neurotischer
Fixierungen. Das waren beispielsweise pathologische
Überlegenheitsfantasien ("Ich kenne alle Hintergründe") oder auch
sexuelle Triebe, die man sich nicht gern eingesteht, sie vielmehr
anderen – namentlich den Fremden – zuschreibt, um diese sodann zu
verurteilen.
Um Verborgenes geht es also. Theodor W. Adorno
schreibt in seiner Analyse der Rundfunkreden von Martin Luther Thomas,
einem faschistischen Prediger der dreißiger Jahre: "Unter der Maske
christlicher Ekstase versteckt sich die Ermutigung zu Heidentum,
orgiastischer Entfesselung der eigenen emotionalen Triebe, zur
Regression auf die unartikulierte Natur." Der Autor sieht darin einen
"Gefühls-Befreiungs-Trick".
Namentlich der Faschismus
lebe "von dem Mangel an emotionaler Befriedigung in der
Industriegesellschaft" und davon, "dass er den Menschen jene irrationale
Genugtuung verschafft, die ihnen durch die heutigen sozialen und
wirtschaftlichen Verhältnisse vorenthalten wird". Der faschistische
Führer gebe "ein Modell für das Verhalten, das seine Zuhörer nachahmen
und annehmen sollen. Sie sollen sich nicht zivilisiert benehmen, sie
sollen schreien, gestikulieren, ihren Gefühlen freien Lauf lassen." So
erklärt sich, warum die Anhänger Trumps
oder ihre hiesigen Pendants dann besonders jubeln, wenn ihre Idole ein
Tabu brechen: Das löst die Spannung zwischen dem, was man sagen darf,
und dem, was man sagen will. Entzivilisierung macht glücklich.
"Bezeichnend für den Faschistenführer ist ein Hang zu geschwätzigen
Erklärungen über die eigene Person", erklärt Adorno weiter. Das sei
nicht bloß Narzissmus,
"es ist ein Teil des Geheimnisses totalitärer Führung, der Gefolgschaft
das Bild eines autonomen Charakters vor Augen zu stellen, der zu sein
ihr in Wahrheit verwehrt wird". Wer ungehindert von zivilisierenden
Schranken sein Ich auslebt, seine Selbstliebe und seinen Hass, ist
autonom, ist ein freies Individuum, ein echter Kerl eben, und wird von
seinem Anhang bewundert.
Seite 2/2:
Fragt sich nur, was aus alledem zu lernen ist
"Der Agitator", so nennen Löwenthal und Gutermann diesen Typus des
Volksverhetzers, "ist sehr besorgt, weil alle Informationsmittel in die
Hände der Feinde des Vaterlandes gefallen sind" – Mainstream-Medien, Lügenpresse,
man kennt das. Er "spielt mit dem Misstrauen, das seine Zuhörer
grundsätzlich gegen alle sozialen Erscheinungen hegen, die in ihr Leben
eingreifen, ohne dass sie verstünden, wie das eigentlich geschieht". Zu
diesen Erscheinungen rechnen die Autoren ausdrücklich die Immigration.
"Der Agitator", fahren sie fort, "kann offenbar voraussetzen, es mit
Menschen zu tun zu haben, die unter dem Gefühl ihrer Hilflosigkeit und
Passivität leiden. Er kann sich der Zwiespältigkeit dieses Komplexes
bedienen, der einerseits einen Protest gegen jede Bevormundung enthält,
auf der anderen Seite den Wunsch, beschützt zu werden (...), von einem
starken Mann geführt zu werden."
Fazit: Das Phänomen, für das die Namen Trump, Le Pen oder AfD stehen, lässt sich nicht allein auf heutige Umstände zurückführen. Nicht nur auf demografische Umbrüche, die Globalisierung
oder das Internet. Vor dem "großen Unbehagen" in
Überlegenheitsfantasien zu flüchten ist eine dauerhafte Option. Manchmal
genügt eine Unwucht im Parteiensystem oder die offenkundige Abnutzung
einer Führungsschicht, und es beginnt eine Dynamik, die sich ihren
Brennstoff sucht – sei dieser auch "postfaktisch", also herbeifantasiert
und zusammengelogen. Er zündet dennoch.
Fragt sich nur, was aus alledem zu lernen ist.
Die Studien beschreiben Leute, die längst gegen Erfahrungen immun sind,
welche ihre Vorurteile infrage stellen könnten. So stellt sich nach der
Lektüre ein Gefühl der Hilflosigkeit ein; zu den Kennzeichen der
Frankfurter Schule, der die Autoren angehörten, zählte es, analytisch
stark zu sein, aber politisch resignativ. Rückzug ins bessere Wissen.
Politisch lernen lässt sich daraus dennoch einiges:
Überzeugte sind für
Argumente unerreichbar, auch wer sich auf ihre Emotionen einlässt,
belohnt diese nur. Die Leute leben jedoch inmitten einer Mehrheit, die
anders denkt als sie. Daher hängt alles davon ab, wohin diese Mehrheit
insgesamt tendiert. Gewinnt der rechte Rand ideologische und emotionale
Energie aus seinem Nahfeld, oder verliert er sie daran? Als politische
Aufgabe formuliert: Die Radikalen sollen sich nicht wie der Fisch im
Wasser fühlen, sondern wie der Fisch an Land.
Die Politik muss zur Mehrheit sprechen statt zu den Verhetzten. Vor fast zwei Jahren sagte Angela Merkel in ihrer Neujahrsansprache über Pegida
und Konsorten: "Folgen Sie denen nicht! ... Denn zu oft sind
Vorurteile, ist Kälte, ja sogar Hass in deren Herzen!" Damit wandte sie
sich an das Umfeld: jene, die noch überzeugt werden können. Und sie
wählte gefühlvolle Worte. Nicht kalt, sondern warm.
Nicht die Verhetzten muss die Politik gewinnen, sondern jene, die das
"große Unbehagen" empfinden, ohne deswegen schon den Anstand verloren zu
haben.
...
Ganz genau .. er hat ja so recht .. Make Love . not War.
Und ignoriert sie einfach .. lasst sie links liegen, die Hetzer, die Bösen, die Menschen, die wenn sie an die Macht kämen, sogar Morde zulassen würden .. wieder .. genauso wie früher.
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