Freitag, 19. Oktober 2018

Für meinen Mann Jürgen

Weil Jürgen auch in schlechten Zeiten für mich da ist

 Sich schwach und irgendwie uralt zu fühlen, ist eine vollkommen neue Erfahrung für mich als Frau.

Ich bin eigentlich mein Leben lang der Typ gewesen, die viel jünger wirkte als ich es in Wirklichkeit bin und ich habe mich auch meistens wirklich so gefühlt, geistig, aber auch körperlich.

 Als ich ein Teenager war, sah ich aus wie ein Kind .. da war das vielleicht nicht so toll, aber später bald schon.

Ich war die in der 60iger Jahren typische Kindfrau. Meine Schwiegertochter Anni hat mich mal mit der BB verglichen, meinte, ich habe der verdammt ähnlich gesehen als ganz junge Frau .. ja kann sein.

 Später bin ich, weil wir uns auch wirklich sehr ähnlich sehen, oft mit meiner ältesten Tochter Vanessa verwechselt worden .. die ja immerhin 19 Jahre jünger ist als ich.

Als wir beide zusammen auf dem gleichen Fachgymnasium waren, haben uns fast alle für Geschwister gehalten.

 Ich war zwar nie das, was man nun sportlich nennt, aber körperlich auf meine Art durchaus ausgesprochen fit.

Es ist noch gar nicht lange her, als Jürgen und ich Tag für Tag, weil wir kein Auto hatten, jeden Tag kilometerweit nach Reuterkoppel und zurück gelaufen sind, um dort unsere beiden Pferde in einem Selbstversorgerstall zu versorgen. Das war für mich körperlich kein Problem damals.

 Ein wenig schwerer fielen mir dann nach unserem Umzug in die Preetzer Feldmark die nun täglich 20 km zu Fuß zu den Pferden bei glühender Mai-Hitze, aber auch das habe ich damals im Mai 2016 noch durchaus geschafft.

Danach gab es dann ein Auto für uns und es wurde etwas leichter, aber es war nicht schwer für mich, täglich bei Wind und Wetter auf dieser Pachtweide mit Jürgen unsere Pferde zu umsorgen.

 Als im März 2018 ein Facebook-Mob, den eine frühere Freundin wohl schon jahrelang zusammen mit einer anderen systematisch auf uns gehetzt hatte, auf uns losging, das fing dann an, für mich schwer zu werden.

Durch die vielen Menschen, die dann unsere Weide umlagerten und sonstwas zu füttern anfingen, starb uns unser Thunder und wir mussten Chiwa und Prima auf einem Gnadenhof weit weg in Sicherheit bringen.

Die Pferde waren Jürgens und mein Lebensinhalt.

 Ich fing damals zunächst an, sehr viel abzunehmen, einfach nur so.

Das steht mir zwar gut, aber es geht mir dadurch nicht besser.

Seit ein paar Wochen fühle ich mich einfach nur noch schwach, alt und genau genommen totkrank.



Ich bin nicht sicher, ob ich hier nicht gerade dabei bin, meine letzten Memoiren aufzuschreiben und gar nicht mehr viel Zeit dazu habe, weil ich dann vielleicht nicht mehr auf dieser Welt sein werde.

Ich hoffe zwar, dass das nicht passieren wird und ich wieder mit der Zeit auf die Beine komme, denn ein bisschen besser geht es mir inzwischen ja schon und ich möchte ja auch gern für meinen Jürgen noch lange weiterleben .. trotzdem möchte ich Jürgen heute etwas sagen.



Danke mein Schatz, dass Du auch jetzt für mich da bist, wo ich eine Frau geworden bin, die unterwegs ständig stehenbleiben muss, weil sie keine Luft mehr kriegt .. die oft nachts stundenlang hustet und Dir den Schlaf raubt mit diesem Lärm . die Dich oft bitten muss, so einfache Dinge zu tun wie mir eine Flasche oder ein Marmeladenglas aufzuschrauben, weil ich die Kraft nicht mehr habe.

Meine Mama sagte kurz vor ihrem Tod, sie könnte jetzt in Frieden sterben, sie wüsste, Du wirst an ihrer Stelle für mich da sein, auch wenn ich einmal Hilfe brauchen würde und es mir nicht gut gehen sollte.

Ja das stimmt. Du bist hier, auch für eine ganz andere Frau als die, die Du mal kennengelernt hast, die nicht mehr jugendlich und voller Schwung ist, sondern momentan verdammt krank und irgendwie uralt.

Ich liebe Dich und weiß, Du liebst mich auch.

Und ich verspreche, ich tu auch alles, um wieder gesünder zu werden, damit Du wieder mehr mit mir anfangen kannst in Zukunft.

Deine Renate

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen