Donnerstag, 3. Oktober 2019

Am Tag der Deutschen Einheit auf dem Klosterhof Gassi

Schönes Wetter und sicher mehr Ruhe als bei dem Trubel in Kiel heute

Während sicher viele Leute heute in Kiel waren, weil der Tag der Deutschen Einheit ja heute offiziell von der Stadt Kiel ausgerichtet wurde, waren Jürgen und ich gemütlich mit Pepe auf dem Klosterhof spazieren.

Ich such mal paar Seiten, die darüber geschrieben haben.

An solchen Tagen wird dann ja alles irgendwie schöngeredet, muss wohl so sein.

https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Tausende-feiern-in-Kiel-am-Tag-der-Deutschen-Einheit-,kiel5982.html

https://www.kn-online.de/Kiel/Tag-der-Deutschen-Einheit-im-Video-So-war-die-Einheitsfeier-in-Kiel

https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/tag_der_deutschen_einheit/Liveblog-Deutschland-und-Kiel-feiern-Tag-der-Einheit,blog1344.html

https://mut-verbindet.de/

Na ja .. sie wären keine Politiker geworden, wenn sie nicht gut im Schönreden problematischer Themen wären.

Hier bei uns an der Bushaltestelle klebte vorhin noch ein Plakat, das drauf hinwies, das in Kiel bald dieses Fest stattfinden wird.

Ich muss sagen, als der Tag der Deutschen Einheit noch der 17. Juni war, wird es nicht viele Menschen in Westdeutschland gegeben haben, die nicht gehofft hätten, die Leute aus der DDR würden irgendwann diese Mauer und das Eingesperrtsein und die Unterdrückung von Regimegegnern überwinden können.

Und ich würde auch sagen, als der Tag der Deutschen Einheit dann eben wegen dem Mauerfall der 3. Oktober wurde statt dem 17. Juni .. da haben sicher auch noch die meisten Menschen es ganz positiv erlebt.

Auch dieses "Wir sind das Volk" kam früher positiv rüber.

Inzwischen rufen sie sowas drüben wieder und es richtet sich teils gegen die Asylanten oder sogar gegen uns aus dem Westen .. und das kommt dann gar nicht mehr gut rüber.

Keiner hier kann was dafür, dass die Menschen in der DDR vollkommen falsche Vorstellungen vom Leben der Westdeutschen hatten und dann eben doch viele nicht mehr froh haben, später zu uns dazuzugehören, als sie begriffen, so golden wie erhofft ist der Westen eben doch nicht.

Aber dass nach nun inzwischen fast 30 Jahren, die der Mauerfall schon her ist, es schlimmer statt besser wird drüben .. das haben wir nicht verdient.

Die Menschen aus dem Westen haben denen aus dem Osten ja nichts getan.

Wir haben hier ein Wahlrecht, keine Wahlpflicht wie früher in der DDR.

Wenn meine alte Tante Grete nicht wählen war .. die war ja Rentnerin und durfte für Besuche raus in den Westen .. dann durfte sie zur Strafe nicht raus.

Sie mussten drüben nicht nur zur Wahl gehen, die Wahl war auch nicht geheim wie bei uns. Es war bekannt, wenn Tante Grete bei dieser Pflichtwahl, die sich auch noch demokratisch schimpfte, kein Kreuz bei der einzigen Parten, die gewählt werden musste, gemacht hatte. Und dann wurde sie bestraft und durfte nicht ihren Bruder besuchen.

Die Strafe fürs Nichtwählen selbst bei so alten Rentnern dauerte volle 4 Jahre.

Die Kinder wurden ganz klein in den Krippen und Schulen ausgehorcht .. was im Sandmännchen kam, z. B. und wehe die Eltern hatten das West-Sandmännchen angehabt, dann gab es Ärger mit der Stasi.

Die Leute haben sich gegenseitig bespitzelt und verpfiffen. Haben die das alles vergessen da drüben?

Diese Sachen gab es alle nicht mehr, als sie dann zumWesten gehört haben.

Einer meiner ersten virtuellen Bekannten war ein Alexander Richter, der ein Buch geschrieben hat, das sich "Zuchthaus Brandenburg" nennt. Ich habe ihn irgendwann wieder aus den Augen verloren, aber mich jahrelang mal mit ihm unterhalten.

Alexander ist Schriftsteller und eigentlich schreibt der gerne und auch gut so lustige Satiren.

Und er schickte dann oft was davon per Post seiner heutigen Frau in den Westen, die er irgendwann noch zu Ost-Zeiten mal, als sie drüben war, kennengelernt hatte.

Es ging nicht um Flucht, es ging auch nicht um Revolution und sowas .. es war eine witzige Satire über eine Jeans, wie die drüben, da man sowas Dekadentes ja nicht schicken durfte eigentlich, doch im Osten in einem Packchen angekommen war.

Und zwar, weil man ja immer angeben musste, was in den Ost-Päckchen drin war, unter der Bezeichnung "Arbeitshose blau".

Also was zum Lachen, wie da einer die Behörden ausgetrixt hatte und so ne Jeans drüben auch angekommen ist.

Aber lachen durfte man zu DDR-Zeiten über das Regime eben auch nicht und schon gar nicht sich lustig machen und das noch per Post einer Bekannten in den Westen schicken.

Dieser Brief mit dem Text wurde abgefangen und Alexander landete deshalb im Zuchthaus .. wo er 6 Jahre lang saß, bis er zusammen mit vielen anderen kritischen Künstlern und so weiter von Franz-Josef-Strauß dann freigekauft wurde.

Die Freundin, der er damals schrieb, hat er später dann hier geheiratet. Er sagte, auch er hatte sich den goldenen Westen besser vorgestellt und war anfänglich sehr enttäuscht davon .. aber hier hat er Bücher drüber schreiben dürfen und sich über den Westen ungestraft lustig machen. Drüben aber nicht. Das ist der Unterschied.

Und später kurz nach der Wende fing auf dem Fachgymnasium, wo ich das Abi nachgemacht habe, ein Mathelehrer aus der Ex-DDR bei uns an, der auch Probleme hatte, auch im Zuchthaus gesessen hat und die schlimmste Strafe später die war, dass er erstens klar als Lehrer nicht mehr hat arbeiten dürfen, aber auch jeder Ärger bekommen hat, der ihm sonst irgendeine Arbeit gab, er also kaum Überlebensmöglichkeiten mehr hatte .. raus aber auch nicht gedurft hatte.

Eine der Foltermethoden im Zuchthaus, von der uns dieser Mathelehrer erzählt hat, sah so aus:

Er wurde auf einen Stuhl gefesselt und musste da tagelang drauf so sitzen bleiben. Über dem Raum war ein Blechdach . und wurden gezielt, um die Menschen in den Wahnsinn zu treiben, Wassertropfen drauf getropft .. ganz langsam und stetig, bis man halb irre war von diesem Geräusch.

Von Alexander, dem Schriftsteller, weiß ich wiederum, dass es Dinge gab, die in Zuchthaus Brandenburg nicht drin stehen .. er hat gesagt, darüber konnte er nicht schreiben, das kann er auch niemand erzählen .. aber er hätte jede Nacht Albträume davon .. bis heute .. oder zumindest so lange, wie ich Kontakt mit ihm hatte.

Er hat sich nie mehr davon erholt .. es war mehr als einfach nur Gefängnis, was die mit Regime-Gegnern drüben gemacht haben.

Ober einfach nur Religion war drüben verboten.

Manche meiner Verwandten waren bei den Zeugen Jehovas. Das durfte keiner wissen drüben, denn das war streng verboten.

Sowas ist hier eben nicht verboten.

Später hatte ich in einer Öko-Gärtnerei, wo ich gearbeitet hate, mal eine Kollegin aus Zittau, die nur einfach christlich war .. nichts Sektenartiges wie die Zeugen Jehovas.

Aber die Leute da sind zum Teil eben recht religiös gewesen.

Sie hat deshalb in der DDR nicht studieren dürfen zur Strafe, weil sie ihrer Religion nicht hat abschwören wollen.

Sie konnte erst nach der Grenzöffnung studieren und weil sie Gartenbau-Ingenieurin werden wollte, lernte ich sie über ein Praktikum bei re natur, einer Öko-Gärtnerei halt mal kennen.

Von wegen frei. Die Menschen waren unfrei in der Ex-DDR.

Haben die das alles vergessen?

Und haben die auch vergessen, dass wir uns im Westen doch mit ihnen gefreut haben, dass sie jetzt genauso frei waren wie wir auch.

Aber ihre Vollbeschäftigung war genauso künstlich wie die billigen Mieten drüben, wie die billigen Fahrpreise für öffentliche Verkehrsmittel oder die billigen Lebensmittel und vieles mehr, was drüben eben für die Menschen durch den Sozialismus da war.

Dass das gar nicht bezahlbar war und der Staat deshalb pleite, gut das wird ihnen vor der Wende keiner gesagt haben .. aber inzwischen nach so langer Zeit sollte sie es doch allmählich begriffen haben.

Und dass sie es eben allenfalls direkt im Grenzgebiet zum Teil wussten, aber flächendeckend eher nicht .. ja das lag doch daran, dass alles zensiert wurde drüben.

Sie durften nicht alles lesen, sie durften nicht alles hören, sie durften nicht alles im Fernsehen sehen.

Und die es konnten .. wie eben meine Verwandtschaft in Ost-Berlin, wo die Sender nah dran und zu empfangen waren .. die wurden extrem bespitzelt, damit sie ja nicht erzählen konnten, was sie dann doch über Umwege aus dem Westen erfahren haben.

Und das fanden viele besser als das, was wir hier im Westen eben haben?

Das ist doch nicht besser gewesen?

Nur Konsum ist doch nicht alles im Leben, Geld, Luxus, alles kaufen können.

Wir konnten hier im Westen doch auch schon vor der Wende gar nicht alles kaufen, was es zu kaufen gab .. das konnten auch damals nur die ganz Reichen.

Ich vermute allerdings, das war vielen drüben eben nicht wirklich klar. Die hatten vollkommen falsche Vorstellungen von diesem Land, wo sie aber ja selbst dazugehören wollten.

Nur .. ganz sicher wollte hier keiner ein Land haben, das wie die DDR ist.

Und das will bestimmt auch jetzt keiner.

Und wer danach schreit, darf sich nicht wundern, wenn allmählich Gegenwehr aus dem Westen kommt.

Keiner hier will eine Diktatur .. egal ob das mit mehr Geld verbunden sein könnte oder nicht.

Es gibt etwas, dass viel mehr wert ist als Geld .. das nennt sich Freiheit !!!!!

Und das hatten wir hier immer. Und das hatte die DDR eben nicht.

Weder eine rechtsradikale Diktatur wäre etwas, das wir brauchen noch eine linksradikale Diktatur.

Wir haben beides in Deutschland erlebt.

Die rechtsradkkale Diktatur hatten wir unter Hitler, die linksradikale Diktatur haben wir in der Ex-DDR miterlebt.

Und nichts davon braucht dieses Land noch einmal.

Na ja ...die Reden an so einem Feiertag wie dem heute müssen halt so gemacht sein, dass sie nicht zu kritisch sind .. am besten gar nicht kritisch.

Es passt einfach nicht zu so einem Feiertag.

Kiel war proppevoll . .schon weil man eben umsonst mit Bussen und Bahnen anreisen konnte.

Es wäre für Pepe sowieso sicher zu viel gewesen bei so einem Gedränge.

Wie klein er ist, sieht man sehr gut hier unter Jürgens Hand links.

In so einem Gewühl hatten wir ihn vermutlich ständig auf dem Arm tragen müssen, damit er nicht unter die Füße kommt.

Und das dann, um sich nur so ein Schöngerede anzuhören .. ach nee.

Wir haben usn gesagt, wir gehen gemütlich spazieren.

Und das Wetter meinte es auch sehr gut mit uns heute.

Geregnet hat es gar nicht, war mild und angenehm.

Rein optisch werden die Gärten und Parks nun eben doch allmählich sehr herbstlich.

Aber noch geht es .. es wird im November wie immer klar dann noch alles grau in grau werden .. und da müssen wir dann halt auch durch.

Rechts das Jobcenter .. tja .. ich sehe das so.

Früher gab es keine versteuerten Renten .. auch höhere Renten ..es gab Arbeitslosenhilfe statt Hartz IV und keine Bedarfsgemeinschaften, wo man auch dem Partner alles weggenommen hat und der Familie ebenfalls.

In meinen Augen hätten wir ohne die Wende und Zusammenführung mit der Ex-DDR vermutlich heute nicht Hartz IV bekommen, denn das ist in meinen Augen nur eine der Folgeerscheinungen davon.

Das liegt eben daran, dass auch unser damals recht gut dastehender Staat es schwer verkraftet hat, einen zweiten Staat mit dazuzunehmen, der komplett pleite war.

Daran knabbern wir bis heute.

Aber alle und nicht nur die Menschen in den neuen Bundesländern, was sie einfach nicht begreifen und auch nicht sehen wollen.


Und das finde ich verdammt unfair.

LG
Renate

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