Donnerstag, 1. August 2019

Wie eine psychotherapeutische Behandlung einen Gelähmten heilte

Ein echter Fall, an den ich mich neulich erinnert habe

Das mag jetzt klingen wie aus der Bibel abgeschrieben, als Jesus zu dem Gelähmten sagte, er soll aufstehen und gehen und der stand auf und konnte wieder laufen.

Das ist aber wirklich so passiert und ich erinnere mich auch noch an viele Details, die damit zusammenhingen, dass da jemand, der jahrelang im Rollstuhl gesessen hatte, plötzlich durch die Lösung seiner psychischen Probleme wieder laufen konnte.

Ich werde jetzt mal erzählen, was mir davon noch im Gedächtnis geblieben ist.

Also ich habe vor vielen Jahren als Schülerin und Studentin nebenberuflich in einer Suchtklinik Psychotherapieberichte geschrieben. Unsere Patienten waren normalerweise ein halbes Jahr bei uns in Behandlung, wenn sie die Therapie durchgehalten und nicht abgebrochen haben und so ein Psychotherapiebericht sehr genau und ellenlang.

Und natürlich oft auch sehr interessant.

Dieser Mann hatte ein Alkoholproblem. Deshalb war er da und nicht, weil er zusätzlich im Rollstuhl saß und nicht laufen konnte.

Und ich erinnere mich daran, dass er einen Traum hatte, den er immer wieder träumte und darüber mit seinem Therapeuten oft gesprochen hat, was das nur zu bedeuten haben könnte.

Er träumte immer, er wäre in einer Bar und neben ihm saß ein sehr alter gebrechlicher Mann auf einem Barhocker. Und diesen alten Mann hat er dann ganz unwirsch samst Barhocker umgestoßen und war sehr wütend dabei.

Er verstand nicht, warum er sowas Gemeines träumte, denn man könnte doch sowas nicht tun und einfach einen uralten Mann von seinem Barhocker schubsen, der sich dabei ja auch was würde brechen können.

Es hat viele Sitzungen gedauert, bis dem Mann klar wurde, warum er das immer wieder träumte.

Sein Vater war ein sehr erfolgreicher Mann, der in seinem Leben viel mehr erreicht hatte als er selbst.

Genau genommen hatte ihm sein Vater nie was getan.

Er kam drauf, dass er selbst nur sehr ehrgeizig war und einfach nie damit klargekommen ist, nun nicht genauso erfolgreich zu sein wie es sein Vater war.

Es war dabei nicht so, dass dieser Mann nicht auch gebildet und durchaus beruflich erfolgreich war .. nur eben nicht genauso erfolgreich wie sein Vater, an den er einfach nicht ran kam.

Und er kam zu dem Schluss, sein Problem lag einfach darin, dass er es nie geschafft hatte, "den Alten vom Hocker zu schubsen".

Er musste also begreifen lernen, dass es nicht schlimm ist, nicht genauso erfolgreich zu sein wie die eigenen Eltern, dass die ja auch gar nicht dafür können, dass es nichts Böses ist, nicht genau das gleiche oder mehr zuerreichen wie die Eltern davor, sondern eben häufig vorkommt, gerade dann, wenn Eltern eben in ihrem Fach besonders gut sind.

Der Mann lernte in der Therapie, sich selbst so zu mögen, wie er war und es nicht mehr als Makel zu sehen, dass sein Vater nun erfolgreicher war. Er lernte auch, nicht mehr neidisch auf seinen Vater zu sein, sondern zu verstehen, dass der ihn doch so liebte wie er war und er lernte auch, seinen Vater genauso zu lieben wie eben der nunmal war.

Der Traum hörte auf. Er musste nun "den alten Herrn nicht mehr vom Hocker schubsen".

Aber die erstaunlichste Wendung dieses Falles war ein Nebeneffekt.

Der Mann kam nicht nur weg von seiner Alkoholsucht, der konnte durch die Therapie wieder laufen, die Lähmungen waren rein psychisch gewesen. Diese Eifersucht auf den Erfolg seines Vaters hatte diesen Mann regelrecht gelähmt.

Ohne diese Eifersucht, die er nun überwunden hatte, konnte er wieder laufen und verließ vollkommen gesund die Suchtklinik.

Auch die körperlichen Probleme waren komplett psychosomatisch gewesen.

LG
Renate


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