Sonntag, 12. Juli 2020

Über ein uraltes Tagebuch meines Borderline-Ex

Diese Aufzeichnungen damals zeigten mehr als deutlich, wie wenig diese Menschen sich selbst zu kennen scheinen

 Es war irgendwann im Februar 2007, als ich sowas in der Art wie ein Tagebuch von meinem Ex-Mann fand, in dem er aufgeschrieben hatte, wie er mich als Teenager zum ersten Mal gesehen, regelrecht jahrelang verfolgt und schließlich auch bekommen hat und wie stolz er dann war, dass er die für ihn Frau seiner Träume erobert hatte. Nämlich eben mich.

Er fand mich ja so schön früher und wollte mich unbedingt haben.

Ich erzähle jetzt mal, wie ich dazu kam, diese Aufzeichnungen zu finden.
 Wir hatten uns getrennt. Ich hatte entdeckt, dass Hansi mich damals schon lange mit nun inzwischen drei verschiedenen Frauen betrog und ganz eindeutige Fotos und E-mails auf seinem Handy gefunden, denn sein ganzes Verhalten war mir davor schon lange nur noch seltsam vorgekommen und ich wollte endlich Klarheit darüber haben, was los war und warum mein Mann nur noch zum Essen und Schlafen nach Hause kam und sich anonsten immer neue Lügengeschichten ausdachte, wo er nun schon wieder hin müsste.

Er war so wütend geworden, dass ich ihn entlarvt hatte, dass er bei uns zu Hause wieder mal alles in Stücke geschlagen hatte. Ich kannte diesen Mann und seine Wutausbrüche und ging deshalb in den Keller, um wichtige Unterlagen zu suchen.
 Ich wollte sie irgendwo so sicher unterbringen, dass er nicht auch noch wichtige Dokumente in einem Wutausbruch zerriss und alles in Schutt und Asche legte.

Nein mein Mann war nicht nur verlogen und untreu und oft eben auch regelrecht kriminell, denn ich habe im Leben viel Geld ausgegeben, um bei Unterschlagungen und Diebstählen von ihm Firmen daran zu hindern, ihn anzuzeigen, damit er nicht auch noch im Gefängnis landete.
 Und dabei stieß ich im Keller auf diesen Ordner, wo er Texte abgelegt hatte, die sowas wie ein Tagebuch waren.

Aufgefallen bin ich ihm schon mit 14 im Konfirmanden-Unterricht. Schon da hat er mich angebetet, aber ich habe ihn wohl gar nicht bemerkt.

Später hat er entdeckt, was ich so mache, dass ich oft baden ging, Mini-Golf gespielt habe und so weiter, sich immer viel da aufgehalten, so ich auch oft war, mich beobachtet.

Als ich dann anfing, in der Discothek Klostertor äfter tanzen zu gehen, hat er seine Chance genutzt, mich da näher kennenzulernen, bis er eben Glück damit hatte und ich ihn auch zur ersten meiner Partys eingeladen habe und später eben auch öfter und er irgendwann soweit war, dass ich seine feste Freundin wurde.

Meine erste Reaktion damals war .. er hat nur eine optische Hülle geliebt . eine schöne junge Frau. Ob er jemals begriffen hat, wer ich wirklich bin, mein Wesen verstanden, glaube ich nicht.

Aber da ich in der letzten Zeit mal wieder daran dachte, ist mir jetzt noch was dazu eingefallen, von dem ich denke, dass es wichtig ist.

Ich weiß heute genau, dass mein Mann schon in unserer Jugend auch uns bestohlen, mich in Bezug auf Geld belogen und seiner eigenen Mutter Dinge in Bezug auf Geld unterstellt hat, die so nicht wahr gewesen sind.

Es gab in unserem Schlafzimmer in einer Schublade eine nie verschlossene Bargeld-Kasse.

Neben dem Schlafzimmer, das in der oberen Etage war, war das Bad mit der Toilette.

Immer bevor Hansi nach Hause fuhr, ging er nochmal zur Toilette, ja auch nichts Schlimmes eigentlich.

Irgendwann meinte meine Mama, dass uns Geld fehlen würde.

Sie redete darüber mit meiner Schwiegermutter und die hat sofort gesagt, Hansi stiehlt.

Aber ich wollte das nicht glauben, ich habe den Mann doch geliebt.

Meine Oma war dement .. die hätte das Geld doch auch verbummelt haben können. Meine Mama meinte aber, Oma weiß doch gar nicht mehr, wo die Kasse ist .. hat sie auch gefragt und sie wusste es wirklich nicht.

Hansi war auch Fliesenleger im Lehrberuf und hatte ein Jahr vor mit angefangen zu lernen.

Mir hat er immer erzählt, dass seine Mutter ihm fast alles von seinem Lehrgeld wegnehmen würde und nur 40 DM im Monat ließe. Meine Schwiegermutter hat aber später gesagt, das war nicht so, sondern genau umgekehrt. Er hätte pro forma 40 DM im Monat abgeben müssen. Aber Hansi hat ja auch viel verdient, zuletzt im 3. Lehrjahr schon mehr als 400 DM. Da war das ja nicht viel.

Ich habe deshalb, weil ich mein Lehrgeld behalten durfte, immer alles bezahlt, wenn wir ausgegangen sind, ihm auch oft was zum Anziehen gekauft. Und immer so, dass ich ihm das Geld vorher gab, damit es dann so aussah, als ob er bezahlt, denn früher war das ja noch üblich.

Er hat auch mich schon als Lehrling finanziell mehr als ausgenutzt.

Und als er bei uns einzog, bevor wir verheiratet waren, hat er gesagt, seine Mutter würde sein gesamtes Gehalt behalten und ihm nicht lassen, weil sie verhindern wollen würde, dass wir zusammenbleiben.

Sie hat mir später erzählt, das wäre nicht wahr gewesen. Sie hätte, als er zu uns zog, keinen Pfennig mehr von ihm behalten. Er hätte natürlich alles behalten dürfen.

Und ich muss sagen, ich habe später meiner Schwiegermutter auch geglaubt, weil ich Hansi halt im Laufe dieser Ehe auch sehr gut kennengelernt habe.

Aber zuerst hat er mich damit sehr auf meine Schwiegermutter raufgehetzt. Ich konnte nach solchen Aussagen von ihm diese Frau natürlich überhaupt nicht leiden.

In diesem Tagebuch erwähnt er nicht ein Wort davon, dass er bei uns gestohlen, mich seine Rechnungen bezahlen lassen und mich belogen hätte.

Und ich frage mich, weil ich später rausfand, dass Hansi das Borderline-Syndrom hat, ob es eigentlich typisch für Borderliner ist, sich selbst gar nicht so zu sehen, wie sie eigentlich sind, sondern alles, was sie falsch machen, auch gegenüber sich selbst komplett auszublenden.

Dieses Tagebuch war ja nichts für die Öffentlichkeit.

Dieses Tagebuch war etwas, das er für sich selbst geschrieben hatte.

Warum also ist ein Mensch sogar gegenüber sich selbst so unehrlich und notiert nur Dinge, die er gut gemacht hat, aber nicht das, wofür er sich hätte ziemlich schämen müssen?

Ich habe zuweilen manchmal gedacht, haben Borderliner so sehr zwei Schubladen im Gehirn, dass wirklich die eine nichts von der anderen weiß?

Fühlen sie sich deshalb auch so oft zu unrecht bestraft?

Alle Borderliner erzählen in der Therapie ja eigentlich, dass sie zu Hause mißhandelt, schlecht behandelt und oft zu unrecht bestraft worden sind?

Kann es auch daran liegen, dass sie selbst gar nicht sehen oder sehen wollen, wenn sie was verbrochen haben, dass alles andere als gut war?

LG
Renate

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